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Dr. Nari Kahle – Wolfsburg: Von der Auto- zur Mobilitätsstadt

Dr. Nari Kahle ist Head of Strategic Programs bei der Volkswagen-Tochter CARIAD SE. 2019 war sie ZEIT-Stipendiatin der „Bucerius Summer School on Global Governance“ und wurde 2021 vom Weltwirtschaftsforum zum „Young Global Leader“ ernannt. Sie ist Autorin diverser Veröffentlichungen über soziale Innovationen, Wirtschaft und Mobilität. Ihr neues Buch „Mobilität in Bewegung – Wie soziale Innovationen unsere mobile Zukunft revolutionieren“ ist im GABAL Verlag erschienen.

Buchcover des Buches Mobilität in Bewegung von Dr. Nari Kahle

Das Wolfsburger Volkswagen-Werk hat die Mobilität unseres Landes geprägt wie wohl kaum ein anderes. Gleichzeitig ist die Stadt durch das Auto geprägt wie kaum eine andere. Jahrzehntelang war Mobilität klar definiert, symbolisiert und manifestiert durch das Auto. Das Freiheitsgefühl, der Wohlstand, aber auch die Arbeit waren eng mit ihm verbunden. Doch dieses Verständnis gerät mehr und mehr in Bewegung.

Durch ein gewachsenes Umweltbewusstsein hat ein Umdenken in der Gesellschaft stattgefunden. Wir hinterfragen unsere bisherige Mobilität im Hinblick auf ökologische Nachhaltigkeit: Muss die Fahrt von A nach B wirklich sein oder kann der Termin online stattfinden? Wie gut die digitale Alternative funktioniert, konnte in der Pandemie häufig bewiesen werden. Auch wenn ein persönliches Treffen fast immer schöner ist, so ergeben sich aufregende neue Chancen, weil fast jeder Ort der Welt digital erreichbar ist.

Gleichzeitig revolutionieren neue Player und Mobilitätsformen wie Scooter, Autos, E-Bikes, Roller und Ridesharing den Markt. Start-ups präsentieren Fahrlösungen, die früher ausschließlich Konzernen vorbehalten waren. Diese neuen Mobilitätsformen müssen wir erst erlernen, doch sie eröffnen auch Möglichkeiten, die lange Zeit undenkbar erschienen.

Die neuen Mobilitätsformen bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten, Mobilität sehr viel individueller zu gestalten, als wir es von früher her kennen. Nehmen wir für den nächsten Trip nach Berlin das Auto oder die Bahn? Teilen wir uns vor Ort ein Fahrrad für eine kurze Bewegungs-Einheit? Vielleicht testen wir auch das Ridesharing-Angebot von MOIA oder den ID.3 von WeShare? Neue Fortbewegungslösungen bieten Möglichkeiten, um auf persönliche Vorlieben, aber auch Anforderungen eingehen zu können.

Welche Chancen ergeben sich daraus für Wolfsburg? Ich würde mich freuen, noch mehr Mobilitätsinnovationen in Wolfsburg finden und ausprobieren zu dürfen. Es wäre fantastisch zu sehen, wie sich Wolfsburg von einer Auto- zu einer Mobilitätsstadt entwickelt. Hier könnten wir zeigen, wie sich die Mobilität der Zukunft in einer intelligenten, aber auch sozial nachhaltigen Stadt anfühlt: Mit autonom fahrenden Shuttles oder auch Cargobikes zum Teilen oder Ridesharing, Telemedizinbussen in den umliegenden Ortschaften oder auch bunten QR-Codes von NaviLens, die Menschen mit Seheinschränkungen die Orientierung erleichtern, kann Mobilität vielseitiger, individueller, kreativer, aber auch inklusiver werden.

Titelbild: Dr. Nari Kahle © Paul Meixner