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„Wir sind der regional Think Tank für die Arbeitswelt von morgen“

Im Gespräch mit Florian Bernschneider, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Region Braunschweig e. V., über das, was den AGV als Partner für seine Mitgliedsunternehmen so wertvoll macht.

Herr Bernschneider, Sie sind seit 2016 Hauptgeschäftsführer des AGV. Welches sind die wichtigsten Aufgaben, die Sie seitdem in Angriff genommen haben?

» Die Zeiten, in denen man Mitglied in einem Verband ist, weil man es schon immer war, sind vorbei. Wir müssen bessere Netzwerk-Chancen bieten als LinkedIN und XING und einen echten Mehrwert mit unseren Beratungsleistungen schaffen. Mit unserer arbeitsrechtlichen Beratung und Prozessvertretung hat dieser Mehrwert einer Mitgliedschaft Tradition bei uns. Dennoch wollen wir uns nicht als Flatrate für arbeitsrechtliche Vertretung verstanden wissen, sondern vielmehr als der regionale Think Tank für die Arbeitswelt von morgen.

Wie wollen Sie das erreichen?

» Schon vor über 15 Jahren haben wir unsere arbeitsrechtliche Beratung um Impulse zum Personalmanagement und Recruiting ergänzt. Neben unseren vier Juristen haben wir im Team zwei HR-Experten. Wenn unsere Mitgliedsunternehmen nun mit uns über Homeoffice, neue Arbeitszeit- oder veränderte Führungsmodelle sprechen, greifen diese Kompetenzen ineinander. In kleinen Betrieben sind wir damit fast eine Art ausgelagerte Personalabteilung und für die größeren Betriebe mit eigenen HR-Verantwortlichen bieten wir eine in unserer Region einmalige Austauschplattform.

Dieser branchenübergreifende Austausch ist übrigens besonders wichtig für uns und fast noch wertvoller als unsere eigene Kompetenz. Wenn auf unseren Veranstaltungen beispielsweise eine Personalverantwortliche erzählt, wie sie es schafft, die Absprungrate von Auszubildenden zu reduzieren, dann sind das wertvolle Tipps für alle. Für diesen Austausch schaffen wir den nötigen Raum, auch durch Fachvorträge von Experten, die wir dazu einladen.

Eine wichtige Herausforderung für viele Unternehmen ist die Fachkräftegewinnung. Hierfür haben Sie die Initiative „ZUKUNFTGEBER“ gestartet. Was versprechen Sie sich davon?

» „ZUKUNFTGEBER“ ist ein Siegel, das wir gemeinsam mit der Allianz für die Region entwickelt haben. Damit zeichnen wir attraktive Arbeitgeber der Region aus, die dafür ein praxisnahes Auditverfahren durchlaufen müssen. Das Siegel hat eine wichtige Orientierungsfunktion für Bewerber, die auf einen Blick erkennen, welche Vorteile der jeweilige Arbeitgeber bietet. Mittelständische Unternehmen gehen oftmals davon aus, im Wettbewerb um die besten Köpfe gegen die großen Unternehmen keine Chancen zu haben. Das ist nicht richtig. Häufig verfügt der Mittelstand über sehr attraktive Rahmenbedingungen, ist sich dessen aber gar nicht bewusst. Natürlich zertifizieren wir nicht nur, was schon da ist, sondern geben Tipps, wie man auch mit kleinem Geld viel für die Arbeitgeberattraktivität machen kann. Im Vergleich zu vielen bundesweiten Siegeln zeichnet sich „ZUKUNFTGEBER“ außerdem dadurch aus, dass es regional ist und von den Bewerbern leicht verstanden wird.

Der AGV leistet viel Verbandsarbeit, knüpft Netzwerke und arbeitet in diversen Ausschüssen mit. Wie nutzt das den Mitgliedsunternehmen?

» Netzwerke können Türen öffnen. Wenn wir Entwicklungen sehen, die für die regionale Wirtschaft oder ein bestimmtes Unternehmen nachteilig sind, leisten wir auch mal Lobbyarbeit in Berlin und Hannover und konnten hier in den letzten Jahren – für einen Regionalverband – erstaunlich viel bewegen. Natürlich nutzen wir unsere überregional gespannten Netzwerke auch dazu, unseren Mitgliedern Kontakte außerhalb unserer Region zu vermitteln. Wenn wir wissen, wo unseren Mitgliedsunternehmen der Schuh drückt, können wir fast immer eine Tür öffnen. In der Region Braunschweig-Wolfsburg sowieso und oft auch darüber hinaus. Manchmal kommen die Impulse zum Handeln auch von den Mitgliedsunternehmen selbst. Ein Beispiel ist die TISAX-Zertifizierung für Informationssicherheit in der Automobilindustrie. Das ist in einer Region wie unserer natürlich ein Riesenthema. Plötzlich mussten alle Unternehmen, die mit Volkswagen zusammenarbeiten, TISAX-zertifiziert sein. Viele waren unsicher, wie sie das Thema angehen sollen. Also haben wir eine Abfrage unter unseren Mitgliedern gestartet und einen Arbeitskreis gegründet, in dem die betroffenen Unternehmen nun zusammenarbeiten.

Der AGV hat verschiedene Initiativen ins Leben gerufen, unter anderem den Geschäftsführertausch. Was hat es damit auf sich?

» Beim Geschäftsführertausch geht es darum, einen neuen Blick auf das eigene Unternehmen und die eigene Arbeit zu werfen. Führungspersönlichkeiten aus ganz unterschiedlichen Branchen tauschen für einen Tag ihren Arbeitsplatz, um andere Unternehmen, ja sogar andere Branchen kennenzulernen und auch mit den jeweiligen Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. Dabei entstehen über die Aktion hinaus wertvolle Verbindungen. Bislang waren alle Teilnehmenden begeistert. Für dieses Format sind wir auch als einer der innovativsten Verbände Deutschlands ausgezeichnet worden.

Wie überzeugen Sie Unternehmen von einer Mitgliedschaft im AGV?

» Wir haben bereits über 1000 Mitglieder in der Region Braunschweig, Salzgitter, Wolfsburg, Gifhorn, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel. Das ist ein starkes Netzwerk mit vielen wertvollen Kontakten und wir sind dankbar über viele Fürsprecher. Wertvoll ist die Mitgliedschaft vor allem für Unternehmen mit Angestellten. Dann ist es aber auch egal, ob es eine Werbeagentur mit drei Mitarbeitern ist oder ein Industriekonzern. Unsere Mitglieder können sich auf eine hervorragende arbeitsrechtliche Beratung und Prozessvertretung verlassen, die sich im Vergleich zu einer Vertretung durch einen Anwalt schnell bezahlt macht. Gleichermaßen sparen sich unsere Mitglieder unnötigen Frust beim Recruiting und im Personalmanagement – und vielleicht auch die Rechnung vom Headhunter –, weil wir im Rahmen der Mitgliedschaft wertvolle Impulse für die HR-Arbeit bieten. In Krisenzeiten wie zurzeit innerhalb der Pandemie sind wir das Übersetzungsbüro manch unverständlicher Verordnungslage und Brückenbauer zu NBank und Arbeitsagentur, wenn es mal klemmt. Mit etwa 40 Veranstaltungen im Jahr bekommt man fast jede Woche Gelegenheit, frische Impulse zu sammeln und das eigene Netzwerk zu stärken, und zwar nicht nur in Braunschweig oder Wolfsburg, sondern ganz bewusst in einem Verband für die gesamte Region.

Welches sind die nächsten Projekte, die Sie im AGV umsetzen wollen?

» Wir sind immer auf der Suche nach neuen, praktischen Lösungen, die unseren Mitgliedsunternehmen das Tagesgeschäft erleichtern. Dazu gehörten in jüngster Vergangenheit beispielsweise der Arbeitszeugnisgenerator und der Abmahngenerator. Beides sind digitale Tools mit großem praktischem Nutzen für die Personalarbeit. Derzeit entwickeln wir den Talent Pool als weiteres Angebot in diesem Bereich, der helfen soll, Fachkräfte in die Region zu holen. Hintergrund ist, dass es in Bewerbungsverfahren manchmal mehrere geeignete Kandidaten gibt, doch nur einer kann die Stelle haben. Der andere erhält bislang oft nur eine Standard-Absage. Dabei wäre es gerade bei auswärtigen Bewerbern gewinnbringender, sie in der Region zu halten und zu fragen, ob ihre Daten in einem regionalen Talent Pool weitergegeben werden dürfen. Dieser ist ab Anfang 2022 online und wird Arbeitgebern der gesamten Region offenstehen.

Kontakt
Arbeitgeberverband Region Braunschweig e. V.
Florian Bernschneider
Telefon 0531 24210-0
www.agv-bs.de

Bereits als Student saß der gebürtige Braunschweiger Florian Bernschneider von 2009 bis 2013 als jüngstes Mitglied im Deutschen Bundestag. Heute lenkt der Betriebswirt (BA) als Hauptgeschäftsführer die Geschicke des AGV. „Hier verbindet sich alles, was mich schon immer interessiert hat, nämlich Politik und Wirtschaft.“