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KÖNIG DER LÖWEN

Ralf Dümmel im Interview

Er ist einer der erfolgreichsten Unternehmer Deutschlands und Investor in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“.

Über Ralf Dümmel

Portrait Ralf Dümmel
© Rieka Anscheit

Vom Verkaufsassistenten zum erfolgreichen Unternehmer mit über 400 Mitarbeitern: Ralf Dümmel hat sein Geschäft von der Pike auf gelernt. Heute ist er Geschäftsführer des Familienunternehmens DS Produkte. Das international tätige Handelshaus gehört mit mehr als 4.000 Produkten zu den größten Lieferanten Europas. Zu den B2B-Kunden zählen die bekanntesten Handelsketten Europas. So liefert DS Produkte beispielsweise Aktionsware an Handelsketten wie Edeka und Rewe oder Aldi, Lidl und Co. Das Unternehmen setzt als Omnichannel-Vermarkter auch auf Online- und Homeshopping. Die meisten Produkte (darunter Kleinelektro, Haushalt, Do-it-yourself-Helfer, Beauty-, Wellness-, Fitness- und Outdoor) stammen aus eigener Entwicklung. Darüber hinaus ist Ralf Dümmel seit 2016 einer der gefragtesten Investoren der VOX-TV-Gründershow „Die Höhle der Löwen“. Bisher hat er in knapp 100 Start-ups investiert und mehr als 170 Gründer*innen unterstützt. Damit ist er quasi der König der Löwen.

Herr Dümmel, Sie scheinen immer gut drauf zu sein. Stimmt das und wenn ja: Woher nehmen Sie die Energie?
» Ich bin grundsätzlich ein sehr positiver Mensch und bin auch der Meinung, dass man so besser durch das Leben kommt. Natürlich gibt es nicht nur sonnige, sondern auch mal regnerische Tage, wo gar nichts funktioniert. Aber selbst da muss man sich selbst sagen: Hey, Kopf hoch, Ärmel hochkrempeln und weiter geht’s! Die Energie nehme ich tatsächlich aus meiner täglichen Arbeit. Ich brenne für diesen Job seit über 30 Jahren und fahre jeden Tag gerne zur Arbeit. Ich sage immer: Man muss genau das finden, was man liebt.

Man kennt Ihr Motto: „Können kommt von Wollen“. Was steckt dahinter?
» Mein Leitgedanke dahinter: Wenn man etwas wirklich will, dann kann man vieles bewegen. Man muss auch mal hinfallen und wieder aufstehen können und darf nicht sofort aufgeben.

Wahrscheinlich werden wir irgendwann einen Film gucken, das Sakko von Brad Pitt berühren und es klingelt dann kurze Zeit später an der Haustür.

Ralf Dümmel

Sie kennen das Handels- und Vertriebsgeschäft
von der Pike auf. Woran
erkennen Sie generell ein erfolgversprechendes
Produkt?

» Zum Glück haben wir bei DS Produkte ein Gespür für neue Produkte und Trends. Zur Wahrheit gehört natürlich auch dazu, dass wir nicht immer richtig liegen, denn auch wir setzen mal auf das falsche Produkt. Zum Glück liegen wir öfter richtig als daneben. Ein Geheimrezept für das perfekte Produkt gibt es allerdings nicht. Ich habe relativ früh gelernt, dass eines der besten Produkte das Toilettenpapier ist: nicht nur wegen Corona! Dieses Produkt wird von der gesamten Bevölkerung genutzt und es verbraucht sich sehr schnell. Wir setzen daher auf massenmarktfähige Produkte und weniger auf Nischen. Wobei auch eine Marktführerschaft in der Nische interessant sein kann.

Woher wissen Sie, was Kunden wollen?
» Glücklicherweise mache ich den
Job nicht erst seit gestern und kann da mittlerweile auf über 30 Jahre Berufserfahrung zurückgreifen. Man lernt dazu, kann seine Kunden und das Kaufverhalten genau definieren. Das ist super entscheidend für das Produkt, denn man muss seinen eigenen Markt und den Wettbewerb gut kennen.

Sie sind als sympathischer Investor bekannt für Ihre zahlreichen Deals in „Der Höhle der Löwen“. Nach welchen Kriterien investieren Sie in die Ideen der Gründer und was begeistert Sie besonders?
» Danke für die Blumen (lacht). Am
Anfang eines jeden erfolgreichen Start-ups steht natürlich eine gute Idee. Alles, was danach kommt, baut auf mindestens drei Dingen auf: Respekt, Disziplin und Fleiß. Wer das nicht mitbringt, wird es meiner Meinung nach schwer haben. Denn nur, wer sich von Rückschlägen nicht unterkriegen lässt und kontinuierlich an seinen Träumen arbeitet, hat das Zeug zum langfristigen Erfolg. Meine Eltern haben mir das vorgelebt – heute bin ich sehr dankbar dafür, dass mir die richtigen Werte im Leben vermittelt worden sind. Dann kommen noch Dinge dazu, die man selbst nicht zwingend beeinflussen kann, wie zum Beispiel der richtige Zeitpunkt, der Wettbewerb und manchmal auch einfach Glück.

© Rieka Anscheit

Online-, TV- und Direktvertrieb: Funktioniert Erfolg tatsächlich immer nach dem Motto „Viel hilft viel“? Und welche Rolle spielen dabei die einzelnen Kanäle/ Vertriebswege?
» Natürlich ist eine große Aufmerksamkeit kein Nachteil, eher im Gegenteil. Grundsätzlich gibt es ja nicht nur die eine Strategie. Es kann Sinn machen, dass man nur auf einen oder wenige Verkaufskanäle setzt, genauso wie es Sinn machen kann, auf Multichannel zu setzen. Nimmt man erklärungsbedürftige Produkte, dann sieht man hier schnell, dass ein „Regal nicht spricht“. Verkaufen über die Verpackung reicht da manchmal nicht aus und da kann es Sinn machen, dass man mit Teleshopping, eigenem Shop und Marketplaces startet. Sobald man sich etabliert hat, kann es dann spannend sein, seine Vertriebswege zum Einzelhandel hin zu erweitern, weil dann die Chancen steigen, dass man einen gewissen Mindestumsatz pro Fläche garantieren kann. Es kann auch sein, dass Produkte mit einem geringen Verkaufspreis kalkulatorisch im Distanzhandel schwierig bleiben und der stationäre Handel der bessere Kanal ist. Man sollte also immer genau überlegen, was strategisch Sinn macht.

Wie stellen Sie sich generell „den“ Kunden der Zukunft
vor? Was macht ihn/sie aus?

» Ich kann leider nicht in die Zukunft schauen, aber ich bin mir sicher, dass sich unglaublich viel verändern wird. Einfach nur Produkte bereitstellen wird keinen langfristigen Erfolg für loyale Kunden garantieren. Ich denke, dass Einzelhändler sich in Zukunft als Medienunternehmen verstehen und auch diese Rolle übernehmen werden. Nachhaltigkeit spielt für eine Reihe an Handelsunternehmen eine sehr große Rolle und man ist sich der Verantwortung auch bewusst. Soziale Medien werden sich noch weiter entwickeln, verändern und noch mehr Einfluss nehmen. Mit dem Ziel, Kunden Teil des Geschehens werden zu lassen, Kunden zu inspirieren und entsprechende Transformationsmöglichkeiten anzubieten. Wahrscheinlich werden wir irgendwann einen Film gucken, das Sakko von Brad Pitt berühren und es klingelt dann kurze Zeit später an der Haustür.

Wie hat sich aus Ihrer Sicht das Kundenverhalten im Laufe der Jahrzehnte verändert? Und gibt es auch zeitlose Aspekte?
» Der Massenmarkt hat sich in den letzten 30 Jahren enorm verändert. Die großen Veränderungen sind im Einkaufsverhalten der Kunden natürlich bemerkbar. Grund dafür sind unter anderem die Digitalisierung, die Globalisierung und das Entstehen völlig neuer Vertriebsformen. Vor 20 Jahren kam Teleshopping nach Deutschland, heute schielen wir nach China, ob Live-Shopping durch sogenannte Key Opinion Leader das nächste Ding wird. Das Verhalten am Massenmarkt hat natürlich auch den stationären Handel verändert und vor große Herausforderungen gestellt. Als stationärer Handel ist man immer auch mindestens Online-Handel. Es gibt auch einige alte Player, die jahrelang das Bild unserer Innenstädte geprägt haben und heute nicht mehr da sind. Insgesamt hat es auch eine unglaubliche Entwicklung und ein Umdenken gegeben in Bezug auf Warengruppen. Vergleichen Sie mal einen Baumarkt und sein Sortiment heute und vor 20 Jahren. Die Bereitschaft, innovative und neuartige Produkte zu verkaufen, ist heute sehr viel höher. Eine Riesenchance für Start-ups.

Ihr Unternehmen setzt stark auf einen breiten Absatzmarkt. Sind Massenprodukte überhaupt noch zukunftsfähig angesichts der steigenden Individualisierung in unserer Gesellschaft?
» Massenprodukte sind selbstverständlich auch noch zukunftsfähig. Problemlöser werden immer benötigt. Also Dinge, die das Leben vereinfachen können und von einer breiten Masse gebraucht werden, wieso sollten diese Produkte keine Zukunft mehr haben? Wir setzen ganz grundsätzlich bewusst auf den Multichannel-Ansatz, um möglichst breit und flexibel aufgestellt zu sein.

Vor welchen Herausforderungen stehen Start-ups und Unternehmen heute, wenn sie ihr Unternehmen in Bezug auf die Kunden von morgen zukunftsfest machen wollen? Was, glauben Sie, erwarten Kunden von modernen Unternehmen?
» Für die Kunden selbst ist eines besonders wichtig: das Einkaufserlebnis. Kunden zu gewinnen und zu halten ist sicherlich eine der größten Herausforderungen des stationären Handels. Neben einem Sortiment mit innovativen Produkten und Neuheiten gehörten auch die fachkundige Beratung und die digitale Vernetzung dazu. Händler sollten sich fragen, wie sie sich multichannelseitig aufstellen können, um den Kunden immer und überall das perfekte Einkaufserlebnis bieten können. Die Prämisse „Der Kunde ist König“ galt schon immer für den Handel und heute umso mehr. Davon profitieren in erster Linie die Endkunden.

Was würden Sie aufgrund Ihrer persönlichen Erfahrung Wolfsburger Unternehmer*innen empfehlen, die besser ihre Kunden erreichen und erfolgreicher werden wollen?
» Ganz wichtig: das eigene Ziel niemals aus den Augen zu verlieren. Es gibt keine Abkürzung zum Erfolg und auch nicht „den einen, großen Geheimtipp“, der über Top oder Flop entscheidet. Bücher zu wälzen wird nur den wenigsten dabei helfen, ein erfolgreiches Unternehmen auf die Beine zu stellen. Und auch mit der beeindruckendsten Biografie wird jemand ohne gute Idee nicht weit kommen. Letztendlich muss jeder für seinen Erfolg hart arbeiten, fleißig sein, Disziplin an den Tag legen, an sein Produkt glauben und in den richtigen Momenten Mut zeigen. Und eine Portion Glück schadet auch nicht.


Foto oben: © Rieka Anscheit