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„Stadt und Volkswagen verfolgen das gleiche Ziel“

Oberbürgermeister Dennis Weilmann und VW-Vorstandsvorsitzender Dr. Herbert Diess im Interview

Trinity heißt die neue Generation Elektroauto, mit der Volkswagen ab 2026 nicht nur sein Fahrzeugportfolio, sondern auch den gesamten Produktionsstandort in und um Wolfsburg erweitern will. Die Limousine mit einer neuen Elektronikstruktur soll in weniger als fünf Sekunden von null auf 100 sein und völlig neue Maßstäbe bei Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Digitalisierung setzen. Auch vollautomatisiertes Fahren soll damit bereits möglich sein. Im Interview sprechen VW-Vorstandsvorsitzender Dr. Herbert Diess und Wolfsburgs Oberbürgermeister Dennis Weilmann über den aktuellen Entwicklungsstand der ID.-Nachfolgegeneration sowie künftige Pläne. Außerdem erläutern sie, wie zukunftssicher Wolfsburg bereits heute aufgestellt ist und welche Investitionen für den Standort erforderlich sind, um den Hauptsitz des größten Automobilherstellers weiter zu stärken.

Herr Weilmann: Vor einiger Zeit sagten Sie, Stadt und Volkswagen verfolgen das gleiche Ziel, den Wirtschaftsstandort Wolfsburg zu stärken sowie Stadt und Konzern gemeinsam in eine wettbewerbsfähige Zukunft zu führen. Dafür ist es erforderlich, mutig neue Wege in die Zukunft zu gehen. Was genau kann die Stadt hier tun?

» Stadt- und Standortentwicklung müssen für uns ganz oben auf der Agenda von Politik und Verwaltung stehen. Nur wenn Wolfsburg sich als attraktiver Lebens- und Arbeitsmittelpunkt präsentiert, gelingt es dem Arbeitgeber Volkswagen, Experten vor Ort zu halten und neue Talente hinzuzugewinnen. Das geeignete Personal für die Transformation zum softwaregetriebenen Technologiekonzern zu finden trägt viel zur Wettbewerbsfähigkeit von Volkswagen bei. Und es gilt immer noch der alte Grundsatz: Wenn es VW gut geht, ist das auch gut für Wolfsburg und die Menschen hier.


Herr Dr. Diess: Was wird sich in Wolfsburg in der Mobilität in den nächsten Jahren ändern, ist Wolfsburg mit der Smart City Strategie in Ihren Augen auf dem richtigen Weg?

» Wolfsburg wird nicht wiederzuerkennen sein. Die Mobilität wird sicherer, komfortabler und leiser und ab 2026 durch Trinity auch automatisierter. Die Transformation unseres Stammwerks ist auch eine riesige Chance für die Stadt zum Wandel, zu mehr Attraktivität. Daran haben auch wir als größter Arbeitgeber ein großes Interesse. Die Smart City Strategie macht die Straßen fit für eine Zukunft, in der Autos und Infrastruktur miteinander kommunizieren. Dafür muss sich Wolfsburg schneller digitalisieren. Mit Herrn Weilmann hat die Stadt Wolfsburg einen OB, der die Notwendigkeit erkannt hat und anpacken wird. Ich unterstütze seinen Weg.

Herr Dr. Diess: Wie kann die Stadt unterstützen, den Konzern gemeinsam in eine wettbewerbsfähige Zukunft zu führen?

» Volkswagen revolutioniert Wolfsburg: Wir bauen mit dem Projekt Trinity ein neues Werk, das neue Standards setzen wird, wir errichten mit dem Campus Sandkamp das modernste Entwicklungszentrum in Wolfsburg und wir bauen auch unser bestehendes Stammwerk nach und nach um auf E-Mobilität. Wir haben also bald zwei E-Werke, ein Verbrenner-Werk und ein Entwicklungszentrum in Wolfsburg. Der Konzern bekommt eine reduzierte schnelle Verwaltung, wird Hauptsitz der Volumengruppe. Durch Wettbewerbsfähigkeit sichern wir Jobs in der Region. Die Stadt kann durch schnelle Digitalisierung, weniger Bürokratie – und Tempo bei den notwendigen Genehmigungen unterstützen. Und wir brauchen eine aufgewertete Innenstadt mit neuen einladenden Geschäften und Restaurants. Und attraktive Wohnmöglichkeiten für Techies und angehende Führungskräfte.

Herr Weilmann: Was würde ein neuer Produktionsstandort für die Zukunft unserer Stadt bedeuten?

» Das Projekt Trinity und damit eine neue Produktionsstätte hier in unserer Region anzusiedeln ist ein Bekenntnis des Volkswagen-Konzerns zu seiner Heimat. Ich freue mich darüber, dass wir weiterhin Konzern-Mittelpunkt bleiben. Dadurch wird auch die Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts Wolfsburg insgesamt erhöht. Die Entwicklung hin zur Elektromobilität ist nicht nur ein enorm wichtiger Schritt in Sachen Nachhaltigkeit, sondern auch ein Garant für sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Luftbild des Volkswagen Werkes in Wolfsburg
© Volkswagen AG

Herr Weilmann: Was hat die Stadt getan/was tut die Stadt, um Volkswagen eine weitere Produktionsstätte anzubieten und damit der neue Standort in unserer Stadt entsteht?

» In Gesprächen zwischen Stadtverwaltung und Volkswagen geht es um die konkreten Anforderungen und mögliche geeignete Flächen innerhalb der Wolfsburger Stadtgrenzen. Hier haben bereits zahlreiche Gespräche stattgefunden. Im Schulterschluss mit Volkswagen, dem Betriebsrat und der Politik wird für das Projekt Trinity eine gute Lösung gefunden.


Herr Dr. Diess: Welche Flächen werden geprüft und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?

» Da gibt es einige Optionen. Mich freut es, dass das Interesse an Trinity so groß ist. Die Aufbruchsstimmung in unserer Belegschaft, aber auch in der Region ist spürbar. Genau die braucht es für den neuen Wettbewerb. Die Gespräche zwischen Stadt, Politik und uns verlaufen zielführend.

Herr Dr. Diess: Umweltschützer kritisieren die erneute Versiegelung von Flächen für eine neue Produktionsstätte und fragen sich, warum im Stammwerk nicht einfach umgebaut wird. Wo ist der entscheidende Unterschied eines Neubaus gegenüber einer Anpassung im Bestand?

» Unsere Wettbewerber starten auf der grünen Wiese, mit enormem Tempo. Wenn wir vorne mitspielen wollen, reicht ein Umbau nicht. Es wäre ein Kompromiss, der die Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel setzt, das haben alle Stakeholder bei uns erkannt. Ich bin sehr froh und dankbar, dass sich Ralf Brandstätter und sein Team für den radikalen Start außerhalb der Werksmauern entschieden haben. Nur hier können wir eine Produktion im notwendigen Tempo aufbauen, die neue Standards im VW-Konzern setzt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden mit Stolz sagen können, im modernsten Werk arbeiten zu können! Die Welt wird nach Wolfsburg schauen.

Herr Weilmann: Wie wird es die Stadt Wolfsburg schaffen, in einem so kurzen Zeitraum die Voraussetzungen für einen neuen Produktionsstandort zu schaffen?

» Die Stadt Wolfsburg steht für schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren, sodass eine reibungslose schnelle Umsetzung des Projekts möglich wäre. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass man sich auf uns verlassen kann.

Projektskizze Trinity von Volkswagen
© Volkswagen AG

Herr Dr. Diess: Sie wollen die neuen Fahrzeuge genauso schnell und effizient produzieren können wie der Wettbewerb, wo genau sind dabei die Herausforderungen für das neue Werk?

» Wir wollen und müssen schnell und effizient sein, um unseren Wohlstand zu erhalten. Ich habe mir lange Sorgen gemacht, dass wir diesen neuen Wettbewerb aus den USA und China nicht ernst genug nehmen, nicht annehmen. Aber jetzt tun wir es: Mit Trinity werden wir vorne mitspielen in der NEW-AUTO-Welt! Unser Ziel sind Zehn-Mann-Stunden pro Auto, also dreimal so produktiv wie in Zwickau heute – damit wären wir auf einem Niveau, auf das wir stolz sein können. Jetzt gilt es, schnell umzusetzen.

Herr Weilmann: Was ist die Besonderheit, Oberbürgermeister einer Stadt mit dem Hauptsitz eines der größten Automobilhersteller zu sein, und welche Chancen ergeben sich daraus?

» Wolfsburg und Volkswagen verbindet seit Beginn der gemeinsamen Geschichte eine ganz besondere Beziehung. Ich werde mich dafür einsetzen, diese Abhängigkeit wieder mehr als Chance zu verstehen. In guten Zeiten profitiert die Stadt von den hohen Gewerbesteuereinnahmen. Das ermöglicht uns Investitionen in Freizeit, Bildung, Kultur und weitere Infrastruktur. So entsteht eine hohe Lebensqualität, von der die ganze Region profitiert. Zugleich unterstützt auch Volkswagen städtische Planungen und organisiert selbst zahlreiche Projekte in den Bereichen Ehrenamt, Kultur, Umweltschutz oder Sport, die den Standort attraktiver machen. Und als attraktiver Standort leistet die Stadt Wolfsburg einen wichtigen Beitrag für die Attraktivität des Arbeitgebers Volkswagen.

Herr Dr. Diess: Für die Zukunftsfähigkeit Wolfsburgs ist es wichtig, dass hier am Standort weiterhin Fahrzeuge produziert werden. Können Sie den Menschen hier vor Ort Hoffnung machen, dass dies zukünftig auch so bleiben wird? Ab 2023 sollen Teile des ID.3 in Wolfsburg gefertigt werden, ab 2026 voraussichtlich das Modell Trinity im neuen Werk anlaufen. Sind weitere Modelle geplant? Ist das am derzeitigen Produktionsstandort realisierbar?

» Ja, das ist es. Der Standort Wolfsburg wird noch wichtiger für den Konzern: Der ID.3 kommt nach Wolfsburg, dann wird hier mit Trinity das erste Level-4-fähige Volumenmodell des Konzerns gebaut und parallel werden weiter die Top-Verbrenner in Wolfsburg produziert. Wolfsburg wird wettbewerbsfähiger!

Herr Dr. Diess: Interdisziplinäres, agiles Arbeiten soll im Campus Sandkamp künftig Trumpf sein. Was genau bedeutet das für die gesamte Produktivität am Standort?

» Auto-Entwicklung in der Zukunft ist Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation. Alle relevanten Abteilungen wie Einkauf, Design, Entwicklung, Software-Engineers und Entwickler kommen zusammen, zentriert an einem Punkt. So werden wir effizienter. Für den Campus Sandkamp investieren wir 800 Millionen Euro. Ich erhoffe mir, dass die neue Produktivität und Arbeitsweise im Projekt Trinity auch auf den Rest des Standorts übergeht. Außerdem: In der Zukunft wird das Auto um die Software entwickelt, nicht wie heute andersherum.

VW-Chef Dr. Herbert Diess und Oberbürgermeister Dennis Weilmann im Interview zur Zukunft von Volkswagen und der Stadt Wolfsburg
© Stadt Wolfsburg

Herr Dr. Diess: Die Volkswagen AG hat als deutsches Großunternehmen für viele auch eine soziale Aufgabe für die Gesellschaft, wie ist Ihre Sicht dazu?

» Ja, wir sind ein soziales Unternehmen – und kommen dieser Verantwortung auch nach. Und das in den unterschiedlichsten Bereichen: Wohltätige Zwecke, Kultur, Sport. Volkswagen ist viel mehr als Arbeitsgeber und Autobauer. Wir tragen in den Regionen, in denen wir aktiv sind, maßgeblich zur Attraktivität und zum Wohlstand bei.

Herr Weilmann: Das Thema Wohnbauoffensive wird immer wieder genannt, wenn es um das Thema Fachkräfte geht. Ist Wolfsburg da schon gut aufgestellt, um Unternehmen wie Volkswagen dabei zu unterstützen, dass die Arbeitskräfte am Standort auch geeigneten Wohnraum finden?

» Im Rahmen der Wohnbauoffensive wurden in den vergangenen Jahren mehr als 2500 Wohneinheiten geschaffen oder viele weitere auf den Weg gebracht. Wartelisten für Wohnungen und Einfamilienhäuser – ob zur Miete oder als Eigentum – zeigen, dass wir die Wohnbauoffensive fortsetzen müssen. Aber es ist wichtig, sie gemeinsam mit der Politik nachzujustieren. Wir müssen neue Wohnungsangebote schaffen, die in Bezug auf Größe und Qualität marktgerecht sind und den Anforderungen der Menschen entsprechen. Und es muss uns gelingen, wieder mehr Baugebiete auszuweisen, in denen ein Grundstück für Familien mit durchschnittlichem Einkommen bezahlbar ist – auch der Bedarf für größere Grundstücke ist da. Ziel sollte es sein, dass niemand Wolfsburg verlassen muss oder nicht nach Wolfsburg kommt, weil er oder sie keinen passenden Wohnraum findet.

Herr Weilmann: Herr Dr. Diess nannte vor einiger Zeit, dass auch die Stadt attraktiver werden müsse, um die neuen Arbeitskräfte an den Standort zu binden. Was konkret ist von Ihnen geplant, die Stadtattraktivität weiter zu steigern und auszubauen?

» Wolfsburg ist eine tolle Stadt und hat sich in den letzten 30 Jahren bemerkenswert entwickelt. Errungenschaften wie das Phaeno, die Autostadt, die Designer Outlets oder die Volkswagen Arena gehören für uns schon wie selbstverständlich zum Stadtbild und machen unsere Stadt als Lebens- und Arbeitsstandort attraktiv. Dennoch gibt es weiterhin viel zu tun. Gemeinsam planen wir am Nordkopf ein urbanes Quartier der Zukunft. Hier verschmelzen Arbeits- und Lebenswelten mit zukunftsweisenden Mobilitäts- und Digitallösungen, so wie es sich Arbeitskräfte von morgen wünschen.

Weitere wichtige Schritte zu einer attraktiveren Innenstadt sind die Planungen, die die Porschestraße mit der BraWo City und BraWo Arkaden aufwerten wird. Die Masterplanung Innenstadt möchte ich im Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern zügig angehen. Ich wünsche mir eine Porschestraße, die zum Verweilen einlädt. Ich möchte dort Spielplätze, Grünflächen, Kultur, vielfältige Angebote für Jung und Alt sowie mehr attraktive Geschäfte und Gastronomieangebote. Kurzum: Ich möchte eine hohe Aufenthaltsqualität, damit der Besuch der City zum Bummeln und Flanieren endlich wieder Spaß macht.

Herr Dr. Diess: Ihr persönlicher Wunsch für die Stadt?

» Wolfsburg soll noch lebenswerter werden, vor allem die Innenstadt hat noch viel Potenzial. Es würde mich freuen, wenn die Porschestraße zur Flaniermeile mit schönen Geschäften und tollen Restaurants und Cafés wird. Die Bürgerinnen und Bürger werden in zehn Jahren in einer Stadt leben, die neuen Charakter zeigt. Durch bessere Freizeitmöglichkeiten, durch mehr Kultur, durch ein schöneres Stadtzentrum. Dafür hat Herr Weilmann den richtigen Plan.

Herr Weilmann: Für Sie gibt es viele schöne Orte in Wolfsburg, als überzeugter Wolfsburg-Liebhaber. Welche drei Orte sollte man sich aber auf jeden Fall zuerst anschauen, wenn man als neue/-r Mitarbeiter/-in nach Wolfsburg kommt?

» Da fällt es mir wirklich schwer, mich zu entscheiden. Denn Wolfsburg hat viele schöne Ecken – seien es unsere Stadt- und Ortsteile mit ihrem individuellen Charme und ihren historischen Besonderheiten. Oder aber die Wälder und Grünflächen, die Wolfsburg wie ein grünes Band durchziehen. Und natürlich auch die architektonischen und kulturellen Highlights wie die Aalto-Bauten, das Scharoun-Theater, das Kunstmuseum, die Autostadt oder das Phaeno.

Immer wieder genieße ich den Blick vom Klieversberg aus über die Stadt – gerade im Winter findet man dort eine traumhafte Kulisse zum Rodeln. Besonders gerne bin ich auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß im Drömling unterwegs. Von meinem Zuhause in Wendschott aus ist es nur ein Katzensprung und schon ist man mitten in der Natur. Als glühender Fan unseres Bundesligisten VfL Wolfsburg halte ich mich auch sehr gerne in der Volkswagen Arena auf. Dort habe ich gemeinsam mit meinen Söhnen schon sehr viele schöne Momente erlebt.


Titelbild: © Stadt Wolfsburg

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