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Roter Teppich für Fachkräfte

Attraktive Arbeitgeber gewinnen

Die Sinus-Jugendstudie „Wie ticken Jugendliche?“ blickt regelmäßig in die Lebenswelten der 14- bis 17-Jährigen in Deutschland. Laut der aktuellsten Analyse von 2020 überwiegen intrinsische Motive bei der Berufswahl: „Freude an der Arbeit, Selbstverwirklichung, ein abwechslungsreicher Arbeitsalltag sowie ein positives Arbeitsumfeld haben bei jungen Menschen hohe Priorität. Sie streben nach einer guten Work-Life-Balance mit ausreichend Zeit für ihren Freundeskreis und ihre Familie“, heißt es in der Studie. In fünf bis zehn Jahren werden die heutigen Jugendlichen zu einer bis dahin weiter schrumpfenden Gruppe von Arbeitskräften zählen, um die sich eine große Gruppe von Arbeitgebern „bewerben“ wird.

Ähnliche Ansprüche wie die Jugendlichen aus der Studie haben auch viele der heutigen Bewerber. Jenseits von Benefits wie Vergütung oder Urlaubstagen richtet sich ihr Augenmerk auf die Qualität des Betriebsklimas und der gelebten Arbeitskultur. Es geht ihnen aber noch um weitere Kriterien für einen guten Job. Etwa darum, wie das Unternehmen sich der Digitalisierung stellt und welchen Stellenwert die Weiterbildung einnimmt. Darüber hinaus interessieren sich heute viele Bewerber auch für den Grad der Vielfalt im Unternehmen – bezogen auf Teams und Aufgaben. Und schließlich ist vielen jüngeren Bewerbern die Einstellung ihres Arbeitgebers zu sozialen und gesellschaftlichen Fragen äußerst wichtig.

Employer Branding

In einem hart umkämpfen „War of Talents“ müssen Unternehmen viel dafür tun, um als besonders „wertvolles“ Unternehmen aus der Menge herauszustechen. „Jedes Unternehmen muss einen individuellen Mix an Maßnahmen zusammenstellen, der zu ihm passt. Dabei spielen insbesondere die persönliche Kandidatenansprache und der Aufbau einer persönlichen Beziehung zu den gesuchten Engpass-Talenten eine große Rolle. Insbesondere der Auf- und Ausbau eines zielgruppengenauen Employer Branding, also einer attraktiven Arbeitgebermarke, wurde von den befragten Unternehmen als geeigneter Recruiting-Weg bewertet“, heißt es in einer aktuellen Studie des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA).

Unternehmen, die sich erfolgreich auf dem Bewerbermarkt präsentieren wollen, sollten also an ihrer Arbeitgebermarke und ihrem Werte-Versprechen arbeiten. Hier besteht die Herausforderung darin, authentisch zu bleiben, einen Plan für heute und eine Vision für morgen zu haben. Erst, wenn die Werte des Unternehmens klar definiert sind, können auf dieser Basis die dazu passenden Medien und Kanäle bespielt werden. Dort gilt es, wertvollen Content zu bieten, spannende (Unternehmens-)Geschichten zu erzählen und vor allem eine Frage zu beantworten: Wofür steht mein Unternehmen?

Schlummernde Potenziale wecke

Nicht nur die Bundesagentur für Arbeit fordert, eine Vielzahl an Ressourcen für einen flexibleren Arbeitsmarkt zu erschließen. Dazu müsse man darauf hinwirken, dass Schulabgänge ohne Abschluss ebenso reduziert werden wie Ausbildungs- und Studienabbrüche. Es sollten zudem duale Ausbildungswege gefördert und die Erwerbsbeteiligung von Frauen, Älteren und Menschen mit Handicaps erhöht werden. Schließlich gelte es, die Einwanderung von Fachkräften zu steuern, die Aus- und Weiterbildung voranzutreiben und einen transparenten Arbeitsmarkt zu schaffen. Dieser sollte das Matching von Arbeitnehmern und Arbeitgebern erleichtern.

Arbeiterlosigkeit

„Das Problem der Zukunft heißt Arbeiterlosigkeit“, lautete am 1. Februar 2022 eine Headline im Handelsblatt (Online-Ausgabe). Laut Institut der deutschen Wirtschaft fehlten in Deutschland zuletzt 390.000 Fachkräfte. Das sind 50.000 mehr als zu Beginn der Pandemie. Besonders gefragt seien Informatikerinnen und Ingenieure. Ebenso fehlen 36.000 Handwerker, 12.000 Berufskraftfahrer und 4.200 Angestellte in Hotels und Restaurants.

Pflegekräfte oder Fachkräfte in der Pflege?

Hier zeigt sich eine große Differenz der veröffentlichten Zahlen. Bundesweit fehlen mindestens 35.000 Fachkräfte in der Pflege: Das jedenfalls zeigten neue Berechnungen, die das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt hat. Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, sagte dagegen in einem Interview im Deutschen Ärzteblatt (Oktober 2021): „Heute fehlen bereits 200.000 Pflegekräfte.“