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Entwicklung des Gewerbegebiets Heinenkamp West

Investor Hartmut Bauer über Chancen und Herausforderungen

Die geplante Erweiterung des Gewerbegebiets Heinenkamp West wurde bereits mit dem Konzept regional bedeutsamer Gewerbestandorte des Regionalverbandes aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Laut dem Investor, der Stadtverwaltung Wolfsburg, der Politik, Kammern und Verbände stünden allerdings vorrangig die möglichen Auswirkungen auf die Umwelt und die Infrastruktur im Fokus der Entwicklungsdebatte. Ein wesentlicher Punkt ergebe sich aus der Nähe zum Naturschutzgebiet Hohnstedter Holz. Umfassende gutachterliche Untersuchungen in enger Zusammenarbeit mit der unteren Naturschutzbehörde haben jedoch zuletzt bestätigt, dass eine Entwicklung unter gewissen Voraussetzungen möglich sei. Im August 2024 wurde mit der Entscheidung für die Aufstellung eines Bebauungsplanes die erste Hürde genommen.

Die hcp group GmbH, die sich auf die Planung und Entwicklung nachhaltiger Industrie-, Gewerbe- und Logistikimmobilien konzentriert, investiert in die Gewerbegebietserweiterung Heinenkamp West. Als Geschäftsführer konnte Harmut Bauer bereits viele Projekte wie Hotels, Shopping, Logistik, Light Industrial sowie wohnwirtschaftliche Projekte wie Quartiersentwicklungen und Denkmalimmobilien deutschlandweit realisieren. Im Interview spricht er über die Motivation und Herausforderungen der Gewerbegebietsentwicklung am Standort Wolfsburg.

Was hat Sie dazu bewegt, in die Erweiterung des Gewerbegebiets zu investieren?

» Wir sehen Wolfsburg als idealen Standort für zukunftsorientierte Gewerbeansiedlungen. Die Stadt bietet eine hervorragende Infrastruktur, insbesondere durch die gute Anbindung an das Straßennetz sowie durch ihre führende Position in den Bereichen Fernwärme, Stromversorgung und digitale Infrastruktur. Die Voraussetzungen für die Entwicklung des Heinenkamp West haben wir vorab durchleuchtet und abgewogen, ob beispielsweise die Vereinigung der Grundstücke gelingen kann. Diese Chance hatte sich uns geboten und wir haben sie genutzt.

Wie sehen die Planungen für die Fläche genau aus?

Fläche des Gewerbegebiets Heinenkamp West
Ausschnitt aus dem Flächensteckbrief im KOREG © Regionalverband Großraum Braunschweig

» Die Flächen sollen durch eine angemessene Schutzzone vom Wald und dem Vogelschutzgebiet abgegrenzt werden, um die Ökologie bestmöglich zu respektieren. Es sollen wenige große Gebäude mittlerer Höhe entstehen, die sich optimal in den Raum einfügen. Eine kleinteilige Struktur der Gebäude erzeugt wesentlich mehr Lärm, als in größeren Hallenkörpern, die durch eine Segmentierung innerhalb der Hallen verschiedenen Nutzern zur Verfügung stehen. Emissionen wie Licht, Schall und Schmutz werden dadurch auf ein Minimum reduziert. Dieses Konzept begünstigt auch die effektive Realisierung von Photovoltaik, Regenrückhaltung und Verkehrsberuhigung, also sämtlichen Einrichtungen zur Steigerung der Nachhaltigkeit.

Es wird keinen öffentlichen Binnenverkehr zwischen den Gebäuden geben, was die Verkehrsbewegungen der Mitarbeiter und Kunden, der im Gewerbegebiet angesiedelten Unternehmen einschränkt und sich vom Verkehr im Heinenkamp I und II unterscheidet. 

Wir haben auch den Raum eingeplant, um der Bevölkerung der südlichen Region um Wolfsburg, also auch für die Nachbarn in Lehre/Flechtorf, ein Angebot für eine bessere Anbindung nach Wolfsburg zu machen. Diese kann zum Beispiel durch einen P&R-Platz oder eine Anbindung an den ÖPNV umgesetzt werden, was im weiteren Verfahren noch konkretisiert werden muss.

Für den in Rede stehenden Radschnellweg können wir die notwendige Trasse zur Verfügung stellen, sodass das Konzept durch unser Vorhaben nicht eingeschränkt oder gar ausgeschlossen wird. Wir achten in der Verkehrslenkung konsequent darauf, dass der LKW-Verkehr ausschließlich über die A39 und nicht durch die Ortschaften geleitet wird.

Was ist das Besondere an dem neuen Gewerbegebiet?

» Das Gewerbegebiet wird nach neuesten ESG-Standards entwickelt und steht im Einklang mit den Bedürfnissen von Natur und Mensch. Es handelt sich um ein zukunftsfähiges Bauprojekt, das langfristig Arbeitsplätze schafft und die Lebensqualität in der Region sichert. Zudem ist es optimal in die Stadtentwicklung integriert und soll die Konzepte der Stadt unterstützen, nachhaltiger zu werden und gleichzeitig leistungsfähig und wirtschaftlich prosperierend zu sein. 

Inwiefern sind Sie in der Region verwurzelt? Wie sehr fühlen Sie sich mit Wolfsburg verbunden?

» Ich bin als Jugendlicher hergezogen, in Gifhorn zur Schule gegangen und habe in Wolfenbüttel studiert. Ich habe hier meine Frau kennengelernt, die eine echte Gifhornerin ist. Meine halbe Familie lebt in der Region. Aus beruflichen Gründen sind wir heute in München zu Hause, aber ich fühle mich der Region sehr verbunden und komme immer wieder gerne zurück. 

Welches Potential sehen Sie außerdem in der Stadt Wolfsburg?

» Wolfsburg überzeugt nicht nur durch seine geografische Lage und die erwähnte Infrastruktur, sondern auch durch seine Positionierung als zukunftsorientierter IT-Standort. Die Attraktivität der Stadt reicht somit weit über den Automobilsektor hinaus. Im Übrigen stellen wir fest, dass die Nachfrage nach größeren Hallenflächen, insbesondere für den mittleren und gehobenen Mittelstand, in Wolfsburg besteht. Mangels geeigneter Grundstücke konnten jedoch jahrelang nur wenig Angebote gemacht werden. Hier sehen wir erhebliches Potential.

Welche Erfahrungen konnten Sie bislang als Investor sammeln?
» Die Nachfrage nach modernen Gewerbeflächen mit guter infrastruktureller Anbindung ist konstant hoch – insbesondere für innovative Neubauten, die höchste Standards in Nachhaltigkeit und Effizienz setzen. Als Investoren gestalten wir diese Zukunft aktiv mit. Außerdem fällt auf, dass eine partnerschaftliche Beziehung zu den Stadtverwaltungen, den Geldgebern und den Generalunternehmern zwingend notwendig ist. Das ist in den aktuell komplizierten Zeiten noch wichtiger geworden. Oft müssen Definitionen richtig erläutert und fast schon „übersetzt“ werden. Um ein Vorhaben gemeinsam umsetzen zu können ist es außerdem wichtig, dass alle Beteiligten das gleiche Ziel vor Augen haben.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und der WMG?

» Bevor wir mit der Stadtverwaltung in Richtung Aufstellungsbeschluss und damit zum Auftakt des Bauleitverfahrens kommen konnten, haben wir uns akribisch auf die Herausforderungen vorbereitet, die uns die angrenzende Autobahn, der Wald und das Vogelschutzgebiet vorgaben. Die Untersuchungen dazu haben fast zwei Jahre gedauert. In dieser Phase konnten wir eine sehr konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, insbesondere der Unteren Naturschutzbehörde wie auch dem Wirtschafts- und Baudezernat, entwickeln und ein gutes Verständnis füreinander gewinnen.

Da wir als Investoren auch auf politische Beschlüsse angewiesen sind, braucht es dieses Verständnis für die jeweiligen Fachlichkeiten ebenso wie eine kooperative Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Das ist die wichtigste Grundlage, um eine Baurechtschaffung erfolgreich zu meistern. 

Mit der WMG-Wirtschaftsförderung haben wir uns bereits während der Analyse sehr eng ausgetauscht, da die Mitarbeiter den Wirtschaftsstandort sehr gut kennen, über die richtigen Kontakte verfügen und die Bedarfe am besten einschätzen können. Wir pflegen eine sehr effektive und intensive Zusammenarbeit, die sich nicht nur auf die Anforderungen des Heinenkamp West beschränkt.

Und wie gestaltet sich die interkommunale Zusammenarbeit?

» Wir stehen mit der Gemeinde Lehre/Flechtorf seit über einem Jahr in einem regelmäßigen Austausch. Uns war wichtig, das Vorhaben frühestmöglich mit dem Bürgermeister zu erörtern und mit den Bedürfnissen der Gemeinde abzustimmen, um ein gewinnbringendes interkommunales Projekt auf den Weg zu bringen. Derzeit bereiten wir uns darauf vor, die Gremien der Gemeinde umfassend und transparent darüber zu informieren, was wir erarbeitet haben und für unser Vorhaben zu werben. Das ist ein fortlaufender Prozess.   

Wussten Sie, welche Herausforderungen auf Sie zukommen?

» Im Prinzip ja, da entsprechende Voranalysen erstellt worden sind. Dennoch ist die Umsetzung unter der Einhaltung sämtlicher verwaltungsrechtlicher Vorgaben und im Einklang mit allen beteiligten Gremien, der Ökologie und regionalen Zielen äußerst komplex und stellt uns vor eine sehr große, aber machbare Aufgabe. 

Mit welchen Themen sind Sie momentan am stärksten konfrontiert? Was sehen Sie als größte

Hürde an?

» Die größte politische Aufgabe ist es, Widerstände zu überwinden, die sich wahrscheinlich aufgrund von Missverständnissen oder früheren Vorgehensweisen aufgebaut haben. Wir wollen die Chance nutzen, um für die positiven Inhalte des Projekts für Ökonomie und Ökologie zu werben und hören gerne zu, wenn wir Einwände besser berücksichtigen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass unser Angebot für die Wirtschaftsregion äußerst attraktiv ist, da es die Ökologie vollumfänglich berücksichtigt und die wirtschaftlichen Perspektiven der Region unabhängig von der Automobilindustrie weiterentwickeln kann.

Wie schätzen Sie den weiteren Verlauf ein?

» Wir sind zuversichtlich, dass wir bereits Mitte bis Ende des kommenden Jahres das Bauleitverfahren abschließen können.

Die Stadt Wolfsburg unterstützt private Investitionen zur weiteren Entwicklung des Standorts. Wirtschaftsdezernent Jens Hofschröer betont: „Wolfsburg ist ein gefragter Wirtschaftsstandort. Um bedarfs- und zeitgerecht auf die Ansiedlungsinteressen von Unternehmen reagieren zu können, braucht es ein attraktives Portfolio an baureifen Flächen. Umso mehr freuen wir uns über das Investment und die Akribie der hcp group für die zukunftsweisende Entwicklung von bedarfsgerechten Gewerbeflächen und die gute Zusammenarbeit.“