Wo Zukunft entsteht
25 Jahre Wolfsburg AG – oder: ein Vierteljahrhundert kooperative Standortentwicklung
Seit 25 Jahren trägt die Wolfsburg AG zur Entwicklung des Standortes bei. Gegründet zur Bewältigung einer Krise hat das Tochterunternehmen von Volkswagen und der Stadt Wolfsburg seither den Wandel Wolfsburgs zu einer zukunftsfähigen Wirtschaftsregion mitgestaltet. Gemäß dem Gründungsmotto „Ideen, Impulse, Initiativen“ entstanden viele Projekte, die heute das Stadtbild Wolfsburgs prägen. Die Vorstände Thomas Krause und Toni Guggemoos Mulfinger ziehen im Gespräch Bilanz und stellen dar, wie in Zukunft die Weichen der Public-Private-Partnerships gestellt werden. Das Ziel: eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte für Wolfsburg.
Das Ende der 1990er-Jahre erarbeitete Standortkonzept AutoVision lieferte den Grundstein für die 1999 gegründete Wolfsburg AG. Das Programm zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit und Strukturentwicklung war ein Erfolg. Inzwischen sind die Herausforderungen am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft andere: Welche Themen stechen hier für Sie heraus?
Krause: Die Gründung der Wolfsburg AG 1999 zur Umsetzung des Konzeptes AutoVision sah ein umfangreiches Paket an Maßnahmen zur Strukturentwicklung vor, um der damals bedrohlichen Arbeitslosigkeit zu begegnen. Heute können wir sagen, Wolfsburg hatte allen Prognosen getrotzt und sich äußerst dynamisch entwickelt – ob bei der Ansiedlung von Unternehmen, dem Ausbau der Freizeitangebote oder jüngst dem Aufbau von Ladeinfrastruktur. In der Rückschau kristallisiert sich ein wichtiger Erfolgsfaktor heraus: das Verständnis aller Beteiligten, dass Standortentwicklung eine gemeinschaftliche Daueraufgabe ist, die stets neue Anforderungen berücksichtigen muss. Diese Anpassungsfähigkeit ist unsere DNA und die Basis, uns den aktuellen Herausforderungen zu widmen, die da lauten: Fachkräftegewinnung, Mobilitätswende, Kreislaufwirtschaft, New Work und Digitalisierung.
Der Mangel an Arbeitsplätzen ist im Verlauf der letzten 25 Jahre dem Mangel an Arbeitskräften gewichen. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie das Thema am Standort adressieren?
Guggemoos Mulfinger: Im Kern geht es darum, den Standort – also das Umfeld der Arbeitsplätze – noch attraktiver zu gestalten. Standortattraktivität ist ein wichtiger Hebel, um Fachkräfte zu gewinnen und nachhaltig für Wolfsburg zu begeistern. Darauf zahlt zum Beispiel die geplante Quartiersentwicklung am Nordkopf ein, wofür wir das Projektmanagement Office gestalten. Mit einem Mix aus Freizeit-, Gastro- und Einzelhandelsangeboten sowie modernen Arbeitsumgebungen soll das Quartier bei Bürgern, aber auch Pendlern punkten. Zweitens geht es um das Sichtbarmachen von Innovationen, gerade bei dem für Wolfsburg prägenden Thema Mobilität, um mehr Strahlkraft zu entwickeln. Ein dritter Aspekt ist, jungen Generationen attraktive Perspektiven bei Arbeitgebern aufzuzeigen. Neben den etablierten Namen bietet die Diversifizierung des Standorts mit mittelständischen Unternehmen und Start-ups breite Karrierechancen. Grundlage ist ein abgestimmtes arbeitsmarktpolitisches Konzept, das heißt die genaue Kenntnis der Bedarfe, um passgenaue Lösungen anzubieten. Daran arbeiten wir eng mit den verschiedenen Partnern aus Wolfsburg
Sie haben es schon angesprochen: Für die Bewältigung gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen braucht es den Rückhalt vieler Interessengruppen. Welche Rolle spielt die Wolfsburg AG hier als Moderator?
Krause: Als Private-Public-Partnership besetzt die Wolfsburg AG die Schnittstelle zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand. Das ist eine für viele Vorhaben „neutrale“ und daher ausgezeichnete Plattform, wenn es um die Moderation von Interessen und der Zusammenarbeit mehrerer Player geht. Da steckt eine Menge „Übersetzungsarbeit“ drin, die wir über die Jahre verinnerlicht und in eine intensive und erfolgreiche Partnerschaft überführt haben. Außerdem bringen wir unsere Expertise zu Konzeptentwicklung, Projektmanagement und Geschäftsmodellen ein, sei es bei der Beratung von Unternehmen, als Dienstleister oder für eigene Vorhaben. Um das mit einer Zahl zu belegen: Wir haben inzwischen über 700 Unternehmensgründungen und -ansiedlungen begleitet.
Guggemoos Mulfinger: Wolfsburg soll auch künftig für Modernität und Fortschritt stehen. Das heißt, dass es weiterhin Innovationen „Made in Wolfsburg“ geben muss. Auch dafür gestaltet die Wolfsburg AG den Austausch mit, ob auf Europas größter Immobilienmesse Expo Real oder der Internationalen Zuliefererbörse, die im Oktober zum zwölften Mal ein Schaufenster für neue Entwicklungen der Automotive-Branche bietet. Darüber hinaus entwickeln wir die Initiative #WolfsburgDigital weiter, betreiben ein Forschungsparkhaus für autonomes Parken und sind nach wie vor Ansprechpartner für ansiedlungsinteressierte Unternehmen. Kurzum, der Dialog ist – auch über Stadtgrenzen hinweg – enorm wichtig, wenn gemeinsame Ziele in konkrete Maßnahmen münden sollen. In diesem Sinne beteiligen wir uns aktiv an der Regionalentwicklungsgesellschaft „Allianz für die Region“, um den Auftritt und die Integrationsleistung des Standorts zu stärken.
Herr Guggemoos Mulfinger, Sie kommen von Volkswagen, was sehen Sie als Stärke der Wolfsburg AG und warum engagiert sich VW auch künftig so stark in der Standortentwicklung?
Guggemoos Mulfinger: Wir alle wissen, dass Volkswagen den Standort Wolfsburg auf einzigartige Weise prägt. Und Volkswagen ist sich durchaus bewusst, dass dies auch eine gewisse Verantwortung für den Standort bedeutet, die nicht am Werkstor endet. Dieses Bekenntnis füllt der Konzern beispielsweise über sein Engagement in der Wolfsburg AG mit Leben. Davon zeugen zahlreiche Initiativen und Projekte wie die in unserer Trägerschaft befindliche Neue Schule oder die Beteiligung am geplanten Universitätscampus. Sie alle stärken die Anziehungskraft des Standorts für Arbeitnehmer und Arbeitgeber etwa in Zukunftsbereichen wie Künstliche Intelligenz oder Circular Economy. Auf dem InnovationsCampus der Wolfsburg AG können wir Interessierten dann wiederum ein erstes oder dauerhaftes „Business-Zuhause“ anbieten.
Herr Krause, Sie sind seit 2007 im Vorstand mit am Steuer. Was ist für Sie eine der Stories, auf die Sie am liebsten zurückblicken?
Krause: Lassen Sie mich zwei nennen: Eine ist sicherlich die Initiative zur Entwicklung des Allerparks, wo die Wolfsburg AG mit der Volkswagen Arena 2002 einen wichtigen Ankerpunkt setzte. Damals war es für den Verbleib des VfL Wolfsburg in der Ersten Bundesliga entscheidend, innerhalb kurzer Zeit eine bundesligataugliche Spielstätte zu bauen. Hinzu kamen binnen relativ weniger Jahre Attraktionen wie der Wakepark, das AOK Stadion, ein Hotel und das jüngst umgestaltete Bowling-Center. Das zweite Thema ist die TaskForce Verkehr, die wir koordiniert haben. Bis zu ihrem Abschluss Anfang des Jahres hat sie alleine bei den großen Infrastrukturvorhaben für Straße, Schiene und Binnenwasserkanäle Maßnahmen von rund 2 Milliarden Euro auf Bundes- und Landesebene für den Standort Wolfsburg initiiert. Das 2. Gleis der Weddeler Schleife ist mittlerweile im Betrieb. Der Allerpark und die Verkehrsprojekte sind für mich echte Highlights, weil sie zeigen, dass große Pläne Wirklichkeit werden, wenn wir sie mit Mut und Weitsicht gemeinsam konsequent verfolgen. Diese Tatkraft wünsche ich mir für den Wirtschaftsstandort auch für die Zukunft.
Meilensteine für Wolfsburg – 1998 bis 2024
1998 Geschenk Konzept AutoVision an die Stadt Wolfsburg
2001 Einweihung InnovationsCampus und Arena auf dem Forum AutoVision
2002 Einweihung Volkswagen Arena
2003 Ziel „Halbierung der Arbeitslosigkeit“ erreicht
2005 250. Unternehmensgründung gefördert
2006 Fertigstellung MobileLifeCampus und Neugestaltung des Freizeit- und Erholungsareals Allerpark
2007 Eröffnung designer outlets wolfsburg (dow) & SoccaFive Arena
2008 Eröffnung Jobcenter mit 6 Partnern des Arbeitsmarkts
2011 Eröffnung der Modellwohnung +raum (bis 2018)
2012 Gründung TaskForce Verkehr unter Koordination der Wolfsburg AG und Eröffnung der e-Mobility-Station
2015 Eröffnung AOK Stadion im Allerpark
2017 Einrichtung Forschungsparkhaus auf dem Forum AutoVision & 10. Beteiligung der IBG Wolfsburg an einem Start-up 2018
2019 – 2021 Projektmanagement für 5 IONITY-Schnellladeparks in Wolfsburg
2023 1. IZB ZOOM IN – Schwerpunkt „Nachhaltige Materialien“
2024 Erfolgreicher Abschluss der TaskForce Verkehr & Eröffnung des 2. Gleises der Weddeler Schleife
Zum Konzern Wolfsburg AG gehören:
AutoVision – Der Personaldienstleister GmbH & Co. OHG: Deutschlandweit tätiger Personaldienstleister zur Vermittlung von Fach- und Führungskräften
www.der-personaldienstleister.com
Innovations- und Beteiligungsgesellschaft Wolfsburg mbH: Frühphaseninvestor für Start-ups aus den Branchen Mobilitätslösungen, Wassertechnologien und Dienstleistungen
www.ibg-wolfsburg.de
Neue Schule Wolfsburg gGmbH: Trägerin der international ausgerichteten, staatlich anerkannten Grund- und Integrierte Gesamtschule Neue Schule Wolfsburg
www.neue-schule-wolfsburg.de
Die Wolfsburg AG hält außerdem Beteiligungen an:
Wolfsburger EnergieAgentur GmbH: unabhängiger Berater zu Energieeinspar- und -effizienzmaßnahmen
www.energieagentur-wolfsburg.de
Allianz für die Region GmbH: Public-Private-Partnership zur Strukturentwicklung in der Region Braunschweig-Wolfsburg
www.allianz-fuer-die-region.de
Titelfoto: v. l. Thomas Krause und Toni Guggemoos Mulfinger © Wolfsburg AG